Im Nahen Osten und in Nordafrika werden immer mehr Internet-Inhalte gefiltert - Heise Online

Das staatlich verordnete Filtern von Internet-Inhalten im Nahen Osten und in Nordafrika hat in den Jahren 2008 und 2009 weiter zugenommen. Das stellte die Open Net Initiative (ONI) in ihrer jüngsten Untersuchung zu Zugangsbeschränkungen fest. Auf dem Index der Zensoren in Ländern wie Bahrain, Iran, Syrien oder Tunesien stehen insbesondere politische Inhalte. Diese vier Länder filtern demnach am strengsten.

Allerdings wachsen auch die schwarzen Listen zu unerwünschten Inhalten wie Pornographie, Homosexualität oder anti-islamischen Webseiten. Einige Länder filtern auch Seiten, die für Alkohol, Spiele oder Drogen werben. Außerdem werden teilweise auch Übersetzungsdienste oder Datenschutztools gesperrt, um die Umgehung von Sperren zu erschweren. Die Länder nutzen hauptsächlich IP-Adress-basierte Sperren bei den Providern oder bei zentralen Gateways wie im Fall Pakistans. Dazu kommen DNS-Manipulationen oder Proxylösungen. In der Region wird auch kommerzielle Filtersoftware westlicher Unternehmen eingesetzt, darunter von McAfee, WebSense, Fortinet oder die Open-Source-Anwendung SquidGuard.

ONI hat für ihre Filtertests nach eigenen Angaben die Erreichbarkeit von rund 2000 Seiten überprüft. Seiten in lokalen Sprachen seien weit mehr Ziel staatlicher Filterbemühungen als ausländische Seiten. Portale wie Facebook oder YouTube würden sehr häufig gefiltert, etwa während der Wahlen im Iran. Aktuell seien sie nicht erreichbar in Syrien und Tunesien. Flickr und Orkut seien derzeit in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Iran gesperrt.

Wie immer weisen die Forscher darauf hin, dass manche Seiten jeweils nur für eine gewisse Zeit, manchmal nur für einen Tag, gesperrt sind. Als Vergleichsbasis für ihre Trendaussage zogen die ONI-Forscher von der Universität Toronto, der Universität Oxford und der Universität Cambridge eine Studie zu Filterbemühungen in der arabischen Region für den Zeitraum 2006 und 2007 heran.

Während viele Regierungen Filterbestrebungen zur "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Moral" offen einräumen, würden politisch motivierte Filterungen nach wie vor verschleiert. Länder, die auf technische Filter gänzlich verzichten, übten die Kontrolle über Netzinhalte meist in anderer Form aus. Algerien, Ägypten, Irak, der Libanon und die West Bank setzen aktuell keine Filtermaßnahmen ein. Allerdings würden in diesen Ländern zum Teil Inernetcafés strikt kontrolliert, im Irak wird laut Medienberichten voraussichtlich demnächst gefiltert.

Die ONI-Experten resümieren, dass relativ breit gefiltert wird, wenn die administrativen und technischen Mechanismen einmal da sind. Begrenzte Filterregime seien selten, zudem filterten einige Länder mehr als ursprünglich angekündigt. Insgesamt hätten die Filteranstrengungen an "Umfang" und "Mächtigkeit" zugenommen. (Monika Ermert) / (anw/c’t)